Mehr als nur Paella und Flamenco
Ruth de Sáa Quintana hat acht Monate als Fremdsprachenassistentin in Bocholt gearbeitet
Aller Anfang war schwer, weiß Ruth de Sáa Quintana jetzt. Die junge Spanierin ist seit September in Bocholt und arbeitet als Fremdsprachenassistentin am Berufskolleg am Wasserturm. "Anfänglich dachten alle, ich esse nur Paella, tanze Flamenco und mein Vater ist Torero", erzählt sie grinsend. "Dabei kann ich gar nicht kochen. Vielleicht Pizza oder so etwas." Auch erste Kontakte zu knüpfen, gestaltete sich für die Spanierin schwieriger, als sie sich das vorgestellt hatte. "Bocholt ist nicht einfach", sagt sie. "Die Leute haben ihren festen Freundeskreis und sind nicht so interessiert, neue Leute kennen zu lernen." So hat Ruth de Sáa Quintana nicht lange gewartet, dass die Menschen auf sie zukommen, sondern ist selbst in die Offensive gegangen. Während ihrer Zeit hier hat sie sich zum Beispiel einem Volleyballteam angeschlossen.
In wenigen Tagen geht es für die junge Spanierin zurück nach Hause. Das ist im Norden Spaniens. In Oviedo wohnt die 25-Jährige, in Salamanca hat sie Germanistik studiert und steht vor dem Examen. Danach möchte sie in Spanien als Deutschlehrerin arbeiten. Einen Aufenthalt in Deutschland kann sie allen empfehlen, die ihre Sprache verbessern und unterrichten wollen. Am Berufskolleg war de Sáa Quintana die erste Fremdsprachenassistentin. 15 Stunden hat sie in der Woche am Wasserturm gearbeitet und die Spanischlehrer unterstützt. Ob es für sie eine Nachfolgerin geben wird, weiß sie nicht. "Dann nehmen sie bestimmt eine, die kochen kann", witzelt die 25-Jährige. In der Schule fand sie es nicht so stressig. "Das war gemütlich." Für ihre Zeit hier hatte sich de Sáa Quintana ein Stipendium ergattert. "Damit konnte man keine großen Sprünge machen", sagt sie. "Aber es hat gereicht."
In Deutschland hat sie gelernt, wie man unterrichtet und sich auf den Unterricht vorbereitet, sagt sie. Eine Art Referendariat, wo die zukünftigen Lehrer in der Praxis geschult werden, gäbe es in Spanien nicht. Deshalb würde sie gerne noch mal zurück kommen. Dann aber lieber an einer Uni die Sprache verbessern und nebenher ein paar Spanisch-Stunden geben. "Das wäre geil", sagt sie. Mit der Umgangssprache ist das aber so eine Sache. Die meidet die 25-Jährige sonst. "Einmal habe ich mich ordentlich blamiert", erzählt sie schmunzelnd. "Da habe ich eine Lehrerin gefragt, ob sie an der Schule das Letzte sei." Glücklicherweise hat die Kollegin das sportlich genommen und sie freundlich auf den Klops hingewiesen. Denn de Sáa Quintana wollte wissen, ob die Lehrerin die Letzte sei, die abends nach Hause gehe.
Mit den Lehrern kam die Spanierin gut zurecht. Besonders mit Jutta Ritter. Die unterstützte sie direkt bei der Ankunft im September. Im Europa-Institut wollte die 25-Jährige ihr Zimmer nach Mitternacht beziehen. Das klappte aber nicht. "Frau Ritter musste mir erstmal sagen, dass das Europa-Institut kein Hotel ist, wo man einfach so herein spazieren kann." Die erste Nacht hat sie deshalb im Hotel übernachtet und ist später ins Gästehaus gezogen. "Dort wohne ich mit drei Chinesen zusammen", erzählt sie. "Die sind lustig." Wenn die Kantine geschlossen ist, packten sie die Kochplatten aus und machten Suppe oder Reis. "Bei uns riecht es dann wegen der Gewürze immer ganz eigenartig." Vom Europa-Institut fährt Ruth de Sáa Quintana mit dem Fahrrad zur Schule. Das sind ja nur drei Minuten", sagt sie. Das Rad hat ihr der Hausmeister überlassen. Lieber hätte sie eine eigene Wohnung gehabt. "Da ich aber nur acht Monate hier war, klappte das nicht." So kann sich die Spanierin jetzt wenigstens die Renovierung sparen.
BBV vom 27. Mai 2003